Innenstadt voller Cops? Verkehr durch eine 48-Wagen-zählende Kolonne des US-Vizepräsidenten blockiert? Scharfschützen auf dem Dach? Polizeiabsperrungen ganzer Straßen? Wenn es in München so aussieht, ist allen klar, dass wohl wieder die Munich Security Conference (MSC) stattfindet.
Alle Jahre wieder lädt Wolfgang Ischinger Industrie und Diplomatie zum Come-together im bayerischen Hof ein. Seit 2008 hat der mittlerweile 73-jährige die Funktion inne, die Münchner Sicherheitskonferenz zu leiten. Nach einer steilen Karriere u.a. als Botschafter der BRD in Washington D.C. und London ist er genau der richtige Mann für diesen Job. Er hat die nötigen Kontakte, er bringt die Leute zusammen, die zusammen gebracht werden müssen. Hinter ihm steht das Team der MSC gGmbH, bestehend aus einigen Yuppies, die gerade aus dem Projektmanagement-Studium kommen und dem Chief Operating Officer Benedikt Franke, der früher bei der Bundeswehr war und bei der MSC auch noch gern seine Reservisten-Uniform trägt. Persönlich von Herrn Ischinger engagiert ist auch der Türsteher der Veranstaltung, der eigentlich Schauspieler in den USA ist, früher 20 Jahre bei den Navy SEALs war, damit aber aufhören musste, weil er „zu oft verletzt“ wurde. Er kommt extra einmal im Jahr deswegen nach München. So weit, so Klischee. Am MSC-Wochenende selbst wird das Team noch von freiwilligen der Bundeswehr-Universität unterstützt. Diese übernehmen dann bspw. den Empfang der Gäste. Außerdem stellt die BMW Group massenweise Autos (teilweise gepanzert) und Fahrer zur Verfügung, damit die Gäste der Konferenz sicher an ihr Ziel kommen.
Alle beteiligten der MSC sind sich sicher: sie sind verdammte Helden, die für den Frieden in der Welt kämpfen.
Die Veranstaltung gibt es seit 1963. Früher noch etwas ehrlicher „Wehrkundetagung“ genannt, war es zunächst ein Treffen von Transatlantikern deren Ziel es war, die Politik der NATO Staaten im kalten Krieg abzustimmen. Eingeladen waren nur wichtige Vertreter von Industrie und Politik der westlichen Staaten. So wurde die imperialistische Politik gegenüber dem real existierenden Sozialismus und Befreiungsbewegungen im globalen Süden arrangiert.
Mit dem Ende der Sowjetunion und des Ostblocks veränderte sich auch die Sicherheitskonferenz. Neu dazu gewonnenen NATO-Mitgliedsstaaten in Osteuropa wurde viel Aufmerksamkeit geschenkt. Außerdem wurden erstmals auch VertreterInnen von nicht- NATO-Ländern eingeladen. So nahmen jedes Jahr mehr Personen daran teil, sodass heute ca. 450 VertreterInnen des militärisch-industriellen Komplexes aus der ganzen Welt jährlich nach München kommen. Wolfgang Ischinger gründete 2011 die genannte gGmbH als Stiftung, an der sich private InvestorInnen beteiligen können. Ganz in neoliberaler Manier ist die MSC also eine reine Privatveranstaltung, die aber natürlich staatlich geschützt wird. Das ist auch das besondere an ihr, im Vergleich zu den großen Gipfeltreffen wie G7 oder G20. Es gibt keinen Druck, Ergebnisse zu erzielen. Bei dieser Konferenz werden die Händler des Todes aus der Rüstungsindustrie mit denjenigen an einen Tisch gebracht, die die staatliche/militärische Macht besitzen. So entstehen die besten Deals. So können viele „ergebnisoffene“ Gespräche stattfinden und auch VertreterInnen miteinander sprechen, die es sonst nicht tun würden. Daraus ziehen die VeranstalterInnen der SIKO auch ihre Legitimation und ihren Stoff für ihre Heldenrolle: Sie schaffen Frieden durch Dialog.
Doch welchen Frieden und welchen Dialog? Es dürfte wohl auf der Hand liegen, dass die Interessen derer, die in dieser Welt ganz unten sind, dabei keine Rolle spielen. Sie schaffen einen Frieden und eine Sicherheit, die für viele Menschen das Gegenteil davon bedeutet. Mit Frieden meinen sie Krieg gegen diejenigen, die ihren Interessen weltweit im Weg sind. Das kann auch, wie wir schon öfter gesehen haben, schnell mal wechseln. Erst wir in einem Land die Opposition bewaffnet gegen die man später dann, wenn sie an der Macht, ist Krieg führt. Mit Sicherheit meinen sie die Sicherung der Interessen der imperialistischen Monopole weltweit. Die Sicherung dieses Systems des weltweiten Ausbeutens und Mordens. In ihrem Weltbild sind die Menschen halt so, dass sie sich gerne bekriegen und meinen ihre Rolle darin zu sehen, durch ihre Politik Ordnung und Frieden in die Welt zu bringen. Sie sehen das als gute Tat – wir sehen es als Ausweitung und Erhalt der Einflusssphären eines neoliberalen Imperialismus der sich die Ganze Welt zu eigen macht und immer totaler darin wird, das komplette Leben der Menschen zu bestimmen und sie zu funktionierenden Untertanen zu machen. Denn Imperialismus fängt nicht erst an wenn die ersten Panzer rollen. Er fängt dort an wo Menschen zu unwürdigen Bedingungen schuften müssen, egal ob in den Metropolen oder in der Peripherie. Er fängt dort an wo das Leben immer weiter durchkapitalisiert wird, bis in die Privatsphäre, in die Altenpflege, sodass menschliche Bedürfnisse immer weniger eine Rolle spielen. Er ist Teil unseres Alltags in einem Land, das besonders empfindlich auf jede Regung reagiert, die diese Ordnung in Frage stellt. Und schauen wir aktuell zu unseren französischen GenossInnen sehen wir, wie auch der Krieg gegen die eigene Bevölkerung Teil dieses Systems ist.
Jetzt wissen wir, da wir ja aus Bayern kommen, natürlich wie uncool es ist gegen so eine Schweine-Konferenz in München auf die Straße zu gehen. Wir sind es auch seit Jahren gewöhnt, dass größtenteils nur Leute aus Süddeutschland dafür in die bayerische Hauptstadt kommen. Andersherum war es jedoch immer so, dass bei Großen Gipfeltreffen (G20 in Hamburg) natürlich aus Süddeutschland unterstützt wurde. Die MSC in München findet allerdings jedes Jahr statt. Wie sehr wurde zu den großen Gipfeltreffen mobilisiert mit dem Ziel, dass solche Treffen nicht mehr in Großstädten stattfinden können? Warum diese Mobilisierungsfähigkeit nicht mal nach München bringen? Zeigen wir hier, im Herz der Bestie, den Protest gegen ihr mörderisches System! Verbinden wir dabei verschiedene Bewegungen (Klima- und Friedensbewegung), kann ein großes Ding daraus werden. Wir werden die MSC nicht verhindern können, aber wir können der bayerischen Polizei zumindest ein stressiges Wochenende bescheren. Also auf nach München!