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Geschichte

Das Attentat auf Airey Neave

In der Neujahrserklärung der Irish National Liberation Army (INLA) von 1979 hieß es trotzig: „Die Strategie der INLA wird darauf ausgerichtet sein, dass der Imperialismus und seine Agenten die Vergeblichkeit ihrer Politik, unserem Volk großes menschliches Elend zuzufügen, erkennen“. Die 1974 von Seamus Costello gegründete republikanisch-sozialistische Organisation enttäuschte nicht.

Am 30. März 1979 führte die INLA eine der spektakulärsten Militäroperationen des noch nicht beendeten Kampfes für nationale Befreiung und Sozialismus durch. Noch beeindruckender ist, dass diese Operation im Herzen der imperialistischen Bestie, im Palace of Westminster in London, durchgeführt wurde.

Zielscheibe des INLA-Spektakels war der Falke der Konservativen Partei, Airey Neave MP, Schattenminister für die besetzten sechs Grafschaften und enger Berater von Tory-Chefin Margaret Thatcher. Als ehemaliger Angehöriger der britischen Armee und Tory-Sprecher für Irland vertrat Neave seit langem die Auffassung, dass der irische Republikanismus nur durch einen totalen Krieg besiegt werden könne.

Als am 28. März 1979 ein Misstrauensvotum die britische Labour-Regierung zu Fall brachte, wurde weithin erwartet, dass die Tories an die Macht kommen würden und Neave infolgedessen höchstwahrscheinlich britischer Außenminister in den besetzten sechs Grafschaften werden und seine Politik des totalen Krieges gegen die irische Revolution umsetzen könnte.

Die INLA beschloss zu handeln. Am 30. März 1979 verschafften sich INLA-Volunteers Zugang zur Tiefgarage des House of Commons. Versteckt in einem Werkzeugkasten trugen die Volunteers eine 16-Unzen-Bombe mit einem Quecksilber-Kippschalter bei sich. Diese wurde an der Bodenplatte unter dem Fahrersitz von Neaves Auto befestigt. Die ausgeklügelte Konstruktion der Bombe ermöglichte es, dass sie explodierte, wenn sich das Quecksilber aus der waagerechten Position bewegte. Nachdem die Volunteers den Sprengstoff erfolgreich angebracht hatten, machten sie sich auf die Flucht.

Kurz vor 15 Uhr kehrte Neave zu seinem Auto zurück. Als er die Rampe des Parkplatzes des Unterhauses hinauffuhr, löste die Schräglage die Bombe aus und sie explodierte mit verheerender Wirkung. Ein hochrangiger britischer imperialistischer Scharfmacher war von republikanischen Sozialisten außer Gefecht gesetzt worden.

Das Attentat auf Neave war ein großer Propagandaschub für die INLA und den gesamten Krieg für nationale Befreiung und Sozialismus. Die Operation sorgte für internationale Schlagzeilen und setzte die fortwährende koloniale Rolle Großbritanniens in Irland fest auf die Tagesordnung. Die Operation zeigte auch, dass die obersten britischen Imperialisten nirgendwo sicher waren. Solange sie Irland besetzt hielten.

Im August 1979 gab die INLA gegenüber dem Starry Plough Newspaper, dem Organ der Irish Republican Socialist Party, eine Erklärung ab, in der die Bedeutung der Operation treffend beschrieben wurde. Darin heißt es: „Im März bekam der pensionierte Terrorist und Befürworter der Todesstrafe, Airey Neave, eine Kostprobe seiner eigenen Medizin, als eine INLA-Einheit die Operation des Jahrzehnts durchführte und ihn im ‚uneinnehmbaren‘ Palace of Westminster in die Luft sprengte. Die widerliche Margaret Thatcher schluchzte im Fernsehen, er sei ein ‚unkalkulierbarer Verlust‘ – und das war er auch – für die britische herrschende Klasse.“


Der Artikel ist zuerst auf Englisch in der Ausgabe #4 des sozialistischen Magazins An Spréach erschienen und wurde mit freundlicher Genehmigung der irisch-republikanischen Gruppe Lasair Dhearg übersetzt und veröffentlicht.